Düsseldorf: Reverse Culture Shock – der Heimat-Schock nach der Weltreise

Düsseldorf: Reverse Culture Shock – der Heimat-Schock nach der Weltreise

Juli 21, 2019 Aus Von Kerstin

Nach drei Monaten mit dem Rucksack einmal um die Welt ging es Ende März zurück nach Hause. Die Freude war riesengroß – vor allem bei den Daheimgebliebenen. Natürlich freute auch ich mich auf meinen Mann, meine Familie, meine Heimatstadt, aber dann auf einmal kam es mit riesen Schritten: Das bei Travellern (und Star Trek-Fans, hier aber aus anderen Gründen) so gefürchtete Schwarze Loch.

Das gefürchtete Schwarze Loch

Keine neuen Kulturen zu entdecken. Keine Freiheit mehr, morgens zu entscheiden, wohin man heute reisen wird. Kein Leben in FlipFlops, Tanktops und Neopren-Tauchanzügen. Kein Schwitzen bei 46 Grad im Schatten wie einst am Uluru. Keine Känguruhs, Kamele und Seelöwen. Kein 7 Kilo Rucksack, aus dem man problemlos leben konnte. Und keine neuen Erinnerungen mehr für DAS BUCH.

Tatsächlich gibt es dafür den Begriff „Reverse Culture Shock“. Wahrscheinlich der schwierigste Part daran: Man vergleicht plötzlich alles zu Hause mit Orten, Erfahrungen und Erlebnissen auf der Reise.

Kalle statt Quokka

Also plötzlich zu Hause frieren bei 16 Grad und Nieselregen trotz Daunenweste und Schuhen, in denen ich mir gleich mal blutige Blasen gelaufen habe, statt zerrissene Jeans und Blumen im Haar. Der Nachbarshund Kalle gibt sich zwar alle Mühe, aber im Vergleich zu Seelöwen, Delfinen, Schildkröten und Quokkas … Und die S11 kommt auch nicht so richtig gegen den Indian-Pacific-Zug an, mit dem ich quer durch Australien gefahren bin.

Unzählige E-Mails und Benachrichtigungen von Apps, die ich anlässlich der Reise abonniert und installiert habe, und nun im Studentakt eintrudeln, machen das ganze nicht einfacher. Also, dass die Hostelpreise für die Pension am schneeweißen Puderzuckerstrand in Französisch-Polynesien gerade gefallen sind oder die Tauchbasen in Westautralien und in Queensland jetzt täglich auf Walhaie oder Buckelwale treffen, will man im kalten Deutschland nicht unbedingt wissen, wenn man gerade dabei ist, Wäsche zu waschen.

Auch Songs im Radio wie „Underwater Love“, „Should I stay or should I go“ oder der Schlager (!) „Terra Australia“ können das Wohlbefinden plötzlich empfindlich stören.

Dabei ist es doch in Wahrheit so: Man vergleicht die, sagen wir, weniger spannenden Alltagsdinge natürlich nur mit den besten Reise-Erinnerungen – und blendet die weniger guten Outtakes komplett aus. Aber das weiß nur der Kopf, nicht der Bauch, bleibt also erstmal bloße Theorie.

Life is better in FlipFlops

Stattdessen versuche ich verschiedenste Wiedereinlebungs-Strategien. Ich trage zu Hause nur noch meine kaputten Schlappen (bekanntermaßen ist Life ja better in FlipFlops). Ich poste täglich weitere Fotos meiner Reise. Ich führe diesen Blog weiter. Ich nötige meinen Mitmenschen gefragt und ungefragt einen mindestens einstündigen Impulsvortrag über meine Reise auf (nannte man früher Dia-Abend). Ich esse mich durch asiatische und hawaianische Restaurants. Ich verwandel meinen Balkon in ein Blütenmeer. Dann kommt schon Phase zwei – nach der meine Wohnung nicht mehr wieder zu erkennen ist und zum Beispiel mein Kleiderschrank wieder Platz hat.

Garniert wird die Wiedereinlebung natürlich durch Heimatelemente wie die letzten Heim- und Auswärtsspiele meines Fußballvereins, viele Treffen mit Familie und Freunden oder jetzt die Größte Kirmes am Rhein.

Es geht wieder los!

Das wirkt schon ganz gut. Aber irgendwie sieht mein armer, kleiner Rucksack in der Ecke so traurig aus… Da gibt es dann wohl nur noch eine Lösung! Ich gehe wieder auf Reisen!

Per Zug quer durch Europa

Diesmal „nur“ drei Wochen. Dafür aber mit meinem Mann und wieder einer Reise, wie ich sie noch nie gemacht habe: Mit dem Rucksack per Zug quer durch Europa!

Nannte man früher Interrail. Gibt es heute noch. Sogar für Menschen wie mich jenseits der 30, also äh, 40.

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Also, steigt mit ein – und: Let your mind travel!